Gedanken zur späteren Mutterschaft
Warum ist die Evolution nur so langsam? Die mittlere Lebenserwartung von Frauen liegt bei knapp 80 Jahren und in puncto Fortpflanzung behandelt uns die Natur noch so, als wäre mit 40-45 Jahren alles aus und vorbei.
Es mag ja mal sinnvoll gewesen sein, dass ab dem 35. Lebensjahr die Fruchtbarkeit rapide abgenommen hat, als wir uns noch vor dem Säbelzahntiger in Sicherheit bringen mussten. Aber heute doch nicht mehr!
Im November 2018 war ich auf einer Fortbildung über Reproduktionsmedizin, auf dem Podium drei Herren, alle deutlichst über 50, unten im Publikum, das weiblich dominiert war, die Mehrzahl der Frauen zwischen 30 und 40. Und dann die Feststellung der Herren, dass mit 35 Jahren die Fruchtbarkeit der Frau deutlich abnimmt. Was meint ihr, was da passiert ist? Widersprochen hat niemand, aber wie auf ein geheimes Zeichen hin verschränkten die meisten Frauen die Arme vor der Brust…
Auf der einen Seite sollen wir eine tolle Ausbildung haben, im Beruf unseren Mann stehen, zum Familieneinkommen beitragen, uns weiterbilden, daneben noch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, hier vielleicht zielgerichtete und karrierefördernde (auch die des Partners) Verbindungen herstellen, aber bitte auch nicht zu sehr Karrierefrau sein. Andererseits haben wir damit aber bitte am Besten schon vor dem 35. Lebensjahr fertig zu sein, damit die Fortpflanzungstätigkeit nicht leidet.
Mit einem Medizinstudium und einer anschließenden Facharztausbildung ist man bei der Niederlassung als Frauenärztin schon um die dreißig, und dann geht man ja mit der Praxisübernahme auch nicht gleich in den Mutterschutz. Da verschränkt man schon mal zähneknirschend die Arme vor der Brust…
Hilft aber nichts, ist so, wie es ist.
Medizinische Möglichkeiten gäbe es viele, aber…
Dafür lässt sich die Medizin einiges einfallen, um der Natur entgegen zu wirken. Aber hierzulande sind fast nur Maßnahmen, die die fehlende männliche Fruchtbarkeit ausgleichen, zugelassen. Samenspende ist gesetzlich erlaubt, Eizellspende geht nicht. Über Leihmutterschaft und brauchen wir erst gar nicht zu diskutieren.
Auch viele andere Methoden, die die Einnistung verbessern, sind nur beschränkt möglich, Präimplantationsdiagnostik bei Erberkrankungen bedarf eines aufwendigen Genehmigungs-verfahrens mit Vertretern aus Kirche, Justiz und Gesellschaft, in der Regel älter und männlich.
Auch die Forschung auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin gleitet komplett ins Ausland ab. Und ganze Kliniken dort leben von deutschen Paaren und ihrem Kinderwunsch.
Schwanger mit 72?
Auf der anderen Seite tragen prominente Damen ihren Babybauch zur Schau und zeigen, mal abgesehen davon, wie die Schwangerschaft zustande kam, dass es auch mit höherem Lebensalter kein Problem ist, eine Schwangerschaft auszutragen. Geht noch mit 70 und 72, wie es uns zwei Inderinnen vorgemacht haben.
Nicht, das jetzt jemand meint, ich fände das gut! Aber aus medizinischer Sicht finde ich es erstaunlich, wozu so ein weiblicher Körper in der Lage ist! Mit 72 Jahren noch eine komplette Schwangerschaft mit allen Herausforderungen auszutragen, Respekt.
Ich weiß, wovon ich rede: ich war bei jedem Kind die älteste Mutter im Kindergarten. Bei den Schwangerschaften war ich 38, 39 und 48 Jahre, mein Jüngster kam kurz nach meinem 49. Geburtstag zur Welt. Die letzte Schwangerschaft verlief genauso glatt wie die beiden ersten, die Geburt ebenso. Aber es war schon ein bisschen anstrengender…
Die Kinderwunschtage und das liebe Geschäft
Und so saß ich vor einem Jahr fasziniert bei den Kinderwunsch-tagen in Köln im Publikum und musste feststellen, dass man als Frau reproduktionsmedizinisch schon ab 35 Jahren zum alten Eisen gehört. Spontane Schwangerschaften würden seltener eintreten, besonders ab 40, die Eizellqualität leidet unter dem Alter, es kommt vermehrt zu Fehlbildungen und Fehlgeburten. Man(n) riet in diesem Fall gleich zur künstlichen Befruchtung, oft auch mit Spendereizellen (in Spanien werden die Hälfte aller in-vitro-Fertilisationen mit Spendereizellen durchgeführt!).
Sicher alles nicht ganz verkehrt, aber auch nicht ganz so dramatisch. Ich betreue viele Frauen, die schon etwas älter sind und spontan schwanger geworden sind. Das liegt wahrscheinlich an meiner eigenen Geschichte, die da auch Hoffnung macht, es auch etwas später noch mal zu versuchen. Alle drei Schwangerschaften bei mir waren übrigens Spontan-schwangerschaften, trotz des Alters. Ich gebe zu, die letzte war ein absoluter Glücksfall.
Nur Mut!
Es gibt viele Dinge, die man erst mal ohne eine künstliche Befruchtung oder gar Spendereizellen im Vorfeld versuchen und verbessern kann. Besonders bei der Gestaltung eines gesunden Lebensstils haben Frau und Mann viele Einflussmöglichkeiten. Aber auch Nahrungsergänzungsmittel und Hormone helfen weiter. Ein Versuch sind auch naturheilkundliche Verfahren wie Akupunktur und Kräuteranwendungen wert, auch Entspannungs-verfahren können helfen.
Keine Frage, der Weg zur Schwangerschaft kann mit zunehmenden Alter etwas länger sein, aber nicht unmöglich.
Und wenn es so ist, dass bei aller beruflichen Planung die Familienplanung etwas später dran ist, so ist das doch die Entscheidung eines jeden Paares. Sollte dann medizinische Hilfe notwendig sein, warum nicht?
Social freezing
Mittlerweile kann Frau vorsorgen und die Eizellen auf Eis legen lassen. Aber daran muss Frau dann auch früh genug denken, vor dem 35. Lebensjahr wäre optimal. Was ging das die Presse rauf und runter, als diese Methode auf den Markt kam! Und Markt ist hier ein ganz bewusst gewähltes Wort: der Spaß ist nicht billig. Damit ist Fruchtbarkeit planbarer geworden, aber nicht romantischer…
Neue Familienmodelle
Überhaupt ist das ganze Thema Familie, Partnerschaft und Kinderkriegen in einem großen Umbruch, den man nur am Rande wahr nimmt. Seien es gleichgeschlechtliche Paare, die ihr Recht auf ein Kind einfordern, seien es Frauen, die gerne ein Kind hätten aber bitte ohne (festen) Partner, als ganz bewusste Entscheidung und nicht aus Partnermangel oder weil dieser ihnen abhanden gekommen ist. Homosexuelle und lesbische Paare unterstützen sich gegenseitig beim Kinderwunsch und ziehen die Kinder gemeinsam auf. Oder lesbische Paare, die viel auf sich nehmen, um ihren Kinderwunsch zu erfüllen. In meiner Praxis kenne ich für all diese Fälle Beispiele, Frauen und Paare, die ihren Kinderwunsch fernab der gängigen Wege verwirklicht haben und wo es super klappt. Ja, ich kenne auch die Diskussionen um das Kindeswohl bei solchen Konstellationen. Die Paare und Frauen, die ich erlebt habe, haben eine sehr liebevollen Umgang mit ihren Kindern gepflegt, waren in der Regel gut ausgebildet und hatten ihre Entscheidung sorgfältig abgewogen.
Und was hat das alles mit mir zu tun?
Mein Anliegen ist es, Frauen und Paare bei der Verwirklichung ihres Kinderwunsches zu helfen und dir mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Sei es bei der Unterstützung im Rahmen der Lebensführung und der Naturheilverfahren, sei es als unabhängige Beraterin in bei medizinischen Maßnahmen. Oder dass ich die psychische Belastung abfedere.
Und diesem Anliegen dient der Blog, die Facebookseite und der Podcast, der hoffentlich im September startet. Ich hoffe, ich kann euch jede Menge Anregungen und viel Unterstützung bieten! Für Anregungen bin ich jederzeit offen und dankbar.